Links.

Das Selbst „hat kein Wesen, sondern ist eine Abfolge von Werden, ein weiterführendes Projekt der Selbstgestaltung ohne klares Ende oder Ziel („telos“). Aus dieser Perspektive sollte Autonomie nicht als Status gesehen werden, den jemand erreicht, sondern vielmehr als Reihe agonistischer [= „kämpferischer“] Praktiken, hervorgebracht im Kontext von Zwängen und Begrenzungen, sowohl äußeren, als auch inneren“: Ungehorsam bedeutet demnach heute nicht nur bestimmte Gesetze zu übertreten sondern verlangt andere Lebensformen und Selbstwahrnehmungen.
Saul Newman

 

Graswurzelrevolution (Zeitschrift und Verlag)
http://www.graswurzel.net/

 

Direkte Aktion - anarchosyndikalistische Zeitung

 

Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen
https://fda-ifa.org/


 

FAU (Frei Arbeiter:innen Union – Anarchosyndikalistische Gewerkschaftsföderation)
https://fau.org/
die verschiedenen Ortsgruppen haben meist einen eigenen Webauftritt

 

Alles Verändern, ein anarchistischer aufruf / …

https://www.crimethinc.com/tce/deutsch

 

War Resisters' International

 

Postanarchismus

www.postanarchismus.net/

No Power For No One! Postanarchismus setzt sich mit poststrukturalistischen und postmodernen Theorien aus anarchistischer Perspektive auseinander.

 

espero

 

www.projektwerkstatt.de - die Enzyklopädie politischer Theorie...

Herzlich willkommen auf der wilden www.projektwerkstatt.de, einer schier unendlichen Quelle von Aktionstipps und -berichten, politischen Analysen und Debatten.

 


STERNECK.NET - Kultur und Veränderung - Culture and ...

http://www.sterneck.net
STERNECK.NET Cybertribe-Archiv Utopia

Anarchistische Bibliothek

Bildergebnis für anarchistischebibliothek.org

Paradox-A - Anarchistische Theorie & Perspektiven


medico international - Gesundheit, Soziales, Menschenrechte

https://www.medico.de
Eine andere Welt braucht eine andere Hilfe. medico international kämpft gemeinsam mit Partnern für gesellschaftliche Veränderung.

Elf Jahre Rojava - Revolution der Hoffnung

linksnet.de

 

Gai Dao

 

 

Untergrund-Blättle | Online Magazin

 
www.untergrund-blättle.ch

Artikel, Reportagen und Analysen aus dem politischen und kulturellen Untergrund. Rezensionen, Essays und linke ...

Gai Dao

 

Mesut Bayraktar

"Ich werde so lange singen, bis es keine Nazis mehr gibt!"
Esther Bejarano (1924-2021)
Schnappschuss Eren Gültekin
Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus. Niemals vergessen.

 

Frieden.

Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat kürzlich den Begriff "Zeitenwende" zum Wort des Jahres 2022 gekürt. Zeitenwende, das gilt vor allem zu Gunsten der deutschen Rüstungsindustrie. Ihr obliegt die Aufgabe, den Begriff mit Inhalt zu füllen, noch mehr als vor dem Februar dieses Jahres. Im Gegenzug erhält sie Aufträge in Milliardenhöhe vom Staat, der das mit Steuergeldern verwirklicht. Dass die Aktien der Rüstungskonzerne seither in astronomische Höhen steigen, ist geschenkt. Am Mittwoch hat der Verteidigungs- und der Haushaltsausschuss in nichtöffentlichen Sitzungen acht Rüstungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von über 13 Milliarden Euro beschlossen. Das ist erst der Anfang der von der Regierung im Februar angekündigten 100-Milliarden-Sonderschulden für die Bundeswehr. Einer der beschlossenen Rüstungsvorhaben – den ich besonders für brandgefährlich halte – ist der Kauf von 35 atomwaffenfähigen F-35 Kampfjets aus den USA. Zeitenwende, das wird deutlich, heißt selbst atomare Aufrüstung um jeden Preis. Ohne den Schein eines Skandals, ohne jede Bedenken. In der Regierungserklärung machte Scholz (SPD) auch keinen Hehl aus dem „deutschen Beitrag zur nuklearen Teilhabe in der Allianz“, das heißt dem Kriegsbündnis namens NATO. Mehr Atombomben und atomwaffenfähige Waffensysteme auf deutschem Boden, zumal aus den USA, zielen nicht auf Frieden ab, sondern auf mörderischen Krieg, totalitäre Bedrohung der eigenen Gattung und der radikalen Befolgung einer bis auf die Zähne bewaffneten Herrschafts- und Hegemoniestrategie vor allem gegen die unterdrückten Klassen – das Gegenteil können nur Feinde der Vernunft behaupten, und sie behaupten es nicht nur, sie haben die politische Macht und tun es. Für den Frieden zu sein, zu streiten, zu kämpfen(, weil Krieg und Atombomben weder im Interesse der Völker noch der Arbeiterklassen ist und erst recht nicht die kapitalistische Naturzerstörung beendet), ist inzwischen aus Sicht der kriegsbegeisterten bürgerlichen Klasse und ihren politischen Agenten vollkommen in Verruf geraten. Wenn aber der Kampf und das Engagement um Frieden und Brot kleingemacht, ja der Begriff Frieden überhaupt entweder schlechtgeredet oder zum Synonym für Waffenlieferungen verstümmelt wird, welche Wende haben dann die Zeiten genommen? "Zeitenwende", Chiffre für Massenbetrug und Gipfel bürgerlicher Heuchelei.

Frieden.

Frieden war ein Hund in Europa. Sein Fell war rostbraun, in der Sonne glänzte es blond, und in der Nacht glitzerte es rosa. Oft hing seine Zunge aus dem Maul. Die zackigen Zähne machten Eindruck, aber er gebrauchte sie nur, wenn jemand einen Stock warf. Dann brachte er den Stock artig zurück und wurde geknuddelt. Frieden liebte es durch Felder, Straßen, Städte zu rennen. Alle mochten sein Fell und seinen Namen. Die Herren streichelten seinen Kopf, Frieden grinste, daraufhin fraß er aus den Händen der Herren – und sie streichelten ihm wieder über den Kopf. Manchmal bellte Frieden, mal leiser, mal lauter, in Rom, in Athen, in Paris, in Brüssel, Madrid, Budapest, zwischenzeitlich in London, am Mittelmeer und in Deutschland vor allem dann, wenn Flüchtlingsheime brannten. Zuletzt fiel ein unerschütterlicher Husten vom Himmel. In dieser Zeit jaulte Frieden in der Nacht, denn er konnte seine Beine kaum vertreten und seine Spiellust wurde so groß, dass er dann letztlich doch die Pfoten aus seiner Hundehütte – und seine Hütte trug den Namen Berlin – setzte. Erst wühlte er sich im Schlamm der Wälder, rückwärts zappelte er links- und rechtswendig. Dann rannte er bis zu den äußersten Grenzen nach Osten, weil die Herren mal wieder einen Hasen in diese Richtung losließen, und ehe er sich versah, überschritt er diesmal die Grenzen und fand sich wieder in Kiew. Der Hase entwischte, aber am Ufer des Dnepr konnte er endlich seinen Durst löschen. Er soff aus dem Fluss, und fast wäre der Fluss ausgetrocknet und er geplatzt, denn das Wasser schmeckte ihm, da kamen andere Hunde, er kannte sie nicht, und sie stießen Frieden in den widerspenstigen Strom und bellten, mit dem Hasen zwischen den Zähnen: „Wir sind der Frieden.“ Der Strom riss ihn mit sich und Frieden wurde ein toter Hund. Zwar hatte Frieden viele Herren, aber nur ein Herrchen. Als der Besitzer, ein Hundezüchter, vom Tod seines Hundes in Europa erfuhr, bekundete er mit Tränen seine Trauer. In seinem weißen Haus, jenseits der großen Pfütze Atlantik, wählte er unter vielen Anwärtern einen Hund. Diesen schenkte er Europa. Ein Herr ohne Hund könne doch kein Herr sein, fügte er hinzu. Der Hund hatte tannengrünes Fell, in der Sonne glänzte es rot-blau, und in der Nacht hatte es bunte Sterne. Sein Name war Frieden.

Frieden.

Die Völkerrechtler im bürgerlichen Lager streiten gerade darüber, ob die Bundesrepublik mit den Panzerlieferungen de jure "Kriegspartei" geworden ist. Dabei hat die Bundesaußenministerin und deutsche Chefdiplomatin Annalena Baerbock (GRÜNE) mit ihrer Aussage am Mittwoch vor dem EU-Rat eine Kriegserklärung abgegeben, die Klarheit über längst stattfindende Vorgänge geschaffen hat: „We are fighting a war against Russia.“ Auf deutsch: „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland.“ Nun rollen deutsche Panzer auf eigene Kosten in ein blutiges Kriegsgebiet. Die Ukraine wird weiter verwüstet und wirtschaftlich wie politisch in absolute Abhängigkeit zur US-geführten NATO gebracht, was die Rede von Selbstbestimmung mal wieder Lügen straft. Im selben Augenblick fordert der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski nun auch noch Kampfjets, Langstreckenraketen, noch mehr Geld. Nicht lange und er wird endgültig sein wahnsinniges Unterfangen verwirklichen, NATO-Truppen und damit auch deutsche Soldaten an die Front gegen Russland zu führen. Die Kriegshetze insbesondere der GRÜNEN fruchtet, die Rüstungsindustrie jubelt mit Rekordprofiten, die bürgerlichen Journalisten arbeiten ununterbrochen daran, Berichterstattung mit Kriegspropaganda zu ersetzen, was zuletzt die Debatte um Panzerlieferungen erschreckend handgreiflich gezeigt hat, und wer sich gegen den Krieg ausspricht, gerät in Verruf, weil man realistisch ist und einen unverzüglichen Verhandlungsfrieden fordert. Das ist krank. Ich bin davon überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland, die Arbeitenden, Werktätigen und Armen, diesen Krieg und die nukleare Gefahr nicht wollen, erst recht nicht seine Verschärfung.

Lützerath bleibt!

Wer ein Dorf abbaggert
Während der Planet brennt
Der macht keinen Halt vor Wäldern
Schreckt nicht zurück vor den Meeresböden
Erst recht nicht vor Korallenriffen
Der bricht auch das Eis
Im Norden und Süden
Und ersticht die Bären und Elefanten
Für Fell Leder Elfenbein Luxus
Wer Menschen ausbeutet
Warum soll der die Natur verschonen
Wer Bullen vorschickt
Um die Bagger nachzuschicken
Warum soll der nicht Soldaten vorschicken
Um die Bagger nachzuschicken
Warum soll der nicht Panzer vorschicken
Wer für Kohle und Profit
Ein Dorf zerstört
Der wird für Kohle und Profit
Auch die Erde zerstören
Was ist schon ein Dorf
Wo Menschen
Um die Lebensgrundlagen
Des Menschen
Kämpfen
_____________

 

Ich schieß Dir in den Kopf.

Den abgesagten Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Deutschland aufgrund des Aufstands der Armen in Frankreich, ausgelöst durch den Mord am 17-jährigen Nahel Merzouk durch einen Polizeibeamten, kommentiert der AfD-Nazi Björn Höcke, dass Frankreich „uns nur wenige Jahre voraus“ sei. Dort würden „ethnische Unruhen“ toben. Wer so spricht, denkt im selben Atemzug an ethnische Säuberungen und will die Existenz von Menschen wie mir, meiner Familie, meiner Freunde, meiner Bekannten und meiner Genossen vernichtet sehen. Solche Leute hassen die Armen, ob migrantischer Herkunft oder nicht, und sie verfolgen eine Politik gegen das Leben und die Interessen der arbeitenden Klasse, egal wie raffiniert sie Tatsachen umkehren. Was in Frankreich geschieht, sind keine Unruhen, erst recht lügt, wer die Konfrontationen ethnisiert. Sie sind Ausdruck spontaner Klassenkämpfe von Unterdrückten und Ausgebeuteten gegen einen kapitalistischen Körper aus Polizisten, Politikern, Behörden, Staatsorganen, Neoliberalen, Reichen, unter denen sie leiden, nein – die sie töten. Bei einer Fahrzeugkontrolle von einer Motorradstreife ruft der Polizist: „Ich schieß´ dir in den Kopf“, sodass der 17-Jährige losfährt. Der Beamte feuert aus nächster Nähe in die Brust des Jugendlichen. Mord. Nahel Merzouk ging in Nanterre zur Schule und arbeitete nebenbei als Pizzalieferant, um seine Mutter zu unterstützen. Nach seinem Abitur plante er eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Diese Zukunft wurde mit rassistischer Gewalt ausgelöscht. Nun ist das ganze Land, zudem Teile von Belgien, von den Riots und der Wut hunderttausender Franzosen erfasst, die sich politisch ermächtigen. Dem Aufruhr sind die Massenproteste der Gelbwesten und jene gegen die Rentenreform der Bürgerlichen vorausgegangen. Justice pour Nahel. Das ist das Mindeste.

Revolte!

Selbstentlarvend ist die Zustimmung der Rechten und Rechtsextremen an der brutalen Klassengewalt der französischen Politik gegen die Armen und Jugendlichen. Wieder waren 45.000 Polizeibeamte landesweit im Einsatz. Währenddessen traf sich der Präsident Emmanuel Macron mit 220 Bürgermeistern jener Kommunen, in denen die Revolte nicht endet. Danach zog er seine neoliberalen Schlussfolgerungen, dass die Eltern der Jugendlichen und die sozialen Medien die Ursachen für den Aufstand seien. Die Eltern sollen nun in Haftung genommen werden, ferner werden gezielte Ausgangssperren erwogen, als würde man mit Käfigen gegen wildgewordene Tiere vorgehen. Völlig absurd, aber so ist das in der bürgerlichen Gesellschaft: Klassenkonflikte werden privatisiert und administriert, um ihre politische Dimension auszulöschen. Von den Nazis der Rassemblement National bis hin zu den AfD-Nazis hierzulande, bei der Unterdrückung und rassistischen Gewalt gegen ausgebeutete Körper und gegen die französischen Nachfahren aus den ehemaligen Kolonien der Fünften Republik gibt es viel Applaus, Rückendeckung und Händereiben – sogar einen Spendenaufruf für die Familie des Polizisten, der den 17-Jährigen in Nanterre ermordet hat. Binnen kurzer Zeit kam mehr als eine Millionen Euro zusammen. Genauso widerlich und menschenverachtend reagierte die Rechte auch bei den Repressionen gegen die Massenproteste der Gelbwesten, noch mehr bei den landesweiten Sozialprotesten gegen die Rentenreform – stets im Einklang mit den Angriffen der Regierung gegen die arbeitende Klasse und stets übereinstimmend mit den prinzipiellen Forderungen der Kapitalisten. Nahel Merzouk war nicht der erste und wird nicht der letzte Ermordete dieser Politik sein. In der Nacht zum Mittwoch ist in Marseille ein junger Mensch mit einem Gummigeschoss der Polizei getötet worden. Kurz nach dem Brustaufprall – Herzstillstand.

Sonne.

Das ist schon sensationell. Die Menschheit holt die Sterne, wie unsere Sonne einer ist, auf die Erde. Wissenschaftlern ist es erstmals bei einer Kernfusion gelungen, mehr Energie zu gewinnen als zu verbrauchen, ohne Erzeugung von radioaktivem Abfall wie das bei der Kernspaltung der Fall ist. Materie wird auf mehr als 100 Millionen Grad Celsius erhitzt. Dabei werden zwei leichte Atomkerne (Wasserstoff) zu einem schweren (Helium) verschmolzen und die Energie aus den Bindungskräften von Atomkernen gewonnen. Die Erde, vermittelt von menschlicher Arbeit, wird eine Sternenproduzentin. So greift der Mensch nach den Sternen, selbst sie, in den Tiefen des Alls verborgen, bleiben nicht unverschont, nicht unberührt, nicht unerreichbar. Wir machen uns unsere eigenen. Was das für Zukunftsentwürfe bietet, sprengt die Grenzen der Fantasie. Ob das Universum dann auch so sinnverlassen und absolut trist wird wie im Winter die grellbeleuchteten Einkaufsstraßen und breiten Alleen der warenproduzierenden kapitalistischen Gesellschaft, wo Besiegte, die aus ihren Wohnungen rausgeworfen oder denen eine Wohnung verweigert wird, durch den Kältetod ermordet werden.

In Rom Kommen Faschisten an die Macht.

In Rom kommen Faschisten an die Macht. Am Wochenende wurde bei einer Wahlbeteiligung von 64% ein radikales Rechtsbündnis unter Führung einer Partei in Italien gewählt, die sich offen auf das Erbe von Mussolini und den italienischen Faschismus beruft. Schrittweise besetzen sie die Machtapparate und die Öffentlichkeit sowie Politik und bürgerliche Intellektuelle in Deutschland sehen keinen Grund zur Sorge. Der Skandal wird wie Alltag behandelt - der Alltag selbst ist das Problem. Die Faschisten kommen. Niemand ist beunruhigt. Die, die diese Entwicklung ernst nehmen (nicht seit Sonntag, seit Jahren), werden nicht ernst genommen. Ungern verweise ich auf Adorno, aber ich muss daran denken, dass er bei der Analyse, ob der Faschismus in der bürgerlichen Demokratie nach 1945 noch möglich sei, zu dem Schluss kam: Faschisten würden niemals mehr als Faschisten auftreten; die bürgerliche Demokratie wird die Maske sein, durch die sie die Macht ergreifen, wenn die Instabilität des Kapitalismus es für die gewaltsame Stabilisierung des Kapitalismus erfordert. In Italien nennen sich die designierte Regierungschefin Giorgia Meloni und ihre Partei Fratelli d'Italia daher zu Recht "Post-Faschisten", obwohl sie ja gerade beweisen, dass der Fascismo nicht "post" ist, sondern nun regieren wird.

In einer Bahnhofskneipe.

In einer Bahnhofskneipe
Hier sitzen Männer und Frauen
Teilweise in abgewetzter Arbeitskleidung
Links wie rechts der Platz leer
Selbst ein Wort an den Nachbarn
Gescheitert
Selbst der Gruß
Wenn jemand kommt und geht
Das ist kein Ort für Träume
Hier hat die Realität gesiegt
Keine Enttäuschungen mehr
Jede Hoffnung vertilgt
Eine Hand festgekettet am Bierglas
Die andere an einer Zigarette
Umhüllt vom Schweigen der Scham
Auch die Naturkraft namens Wut
Mit der sich jede Revolte entzündet
Umgekommen in den müden Knochen
Nur das sanfte Lächeln von Marie
Der alten Wirtin
Spendet ein Zuhause
Und doch ruht auf den Gesichtern
Anmut von Betrogenen
In den Augen die Geduld
Dass ein Mensch kommt
Wenn nicht morgen dann übermorgen
Diese Geduld bewundere ich
Als ich die Kneipe verlasse
Schwebt im Himmel eine Wolke
Vollgesogen mit
Abendsonne
_______

 

Wer nach den Werten der Europäischen Union fragt:

Wer nach den Werten der Europäischen Union fragt, findet an den EU-Außengrenzen handfeste Antworten. Am Freitag haben rund 2.000 Flüchtende und Asylsuchende aus Hunger- und Kriegsgebieten - Männer, Frauen, Schwangere, Alte, Junge - versucht, die sechs Meter hohen Grenzzäune zwischen Marokko und der spanischen Exklave Melilla zu überwinden. Etwa 130 haben die Grenze überschritten. Der Rest wurde von marokkanischen Sicherheitskräften brutal verprügelt, mit Steinen beworfen, auf dem Boden liegend mit Knüppeln gefoltert, mit zerschundenen Körpern aufeinandergestapelt und unter Mittäterschaft durch die spanische Guarda Civil entgegen des völkerrechtlichen Grundsatzes der Nichtzurückweisung (auch Non-Refoulement-Prinzip) mit »heißen Abschiebungen« auf marokkanisches Territorium zurückgeschlagen, bis schließlich neben dutzenden Verletzten 37 Personen an Ort und Stelle starben und getötet wurden. Noch am Sonntag wurden auf einem Friedhof der nordmarokkanischen Stadt Nador Massengräber ausgehoben – vermutlich um das Verbrechen so schnell wie möglich zu verwischen. Dieses Massaker, u.a. mit EU-Geldern finanziert, kommentierte der sozialdemokratische Ministerpräsident Spaniens Pedro Sánchez mit den Worten: „Ich glaube, das wurde gut durch die spanischen und marokkanischen Sicherheitskräfte gelöst.“ Dann bedankte er sich bei „der marokkanischen Regierung“ und machte die „Menschenhandelsmafia“ verantwortlich, deren Arbeitgeber er und die herrschenden Klassen in Madrid wie in Rabat, in Berlin wie in Ankara, Brüssel, Paris und Athen mit ihrer rassistischen, menschenverachtenden Politik sind. Ob in der Ägäis, am Evros, in Idomeni, in Lesbos, in Dhar El-Jebel oder in Melilla und an inzwischen zahlreichen Orten der Schande und Trauer entlang der EU-Außengrenzen, hier werden die Werte der Europäischen Union mit der Sprache nackter Klassengewalt des Kapitals geschrieben: Gräuel, Unterdrückung, Folter, Vergewaltigung, Entrechtung, Zwangsarbeit, Erpressung, Versklavung, Hunger, Elend, Ausbeutung.

Globale Nahrungsmittelknappheit als Folge des Kriegs in der Ukraine.

Morgens lese ich, dass der Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) und seine Komplizen aus der Ampel-Regierung vor einer globalen Nahrungsmittelknappheit als Folge des Kriegs in der Ukraine warnen. Gleichzeitig wird Kriegsgerät in Kriegsgebiete geliefert und von der Außenministerin Baerbock (Grüne) "Kriegsmüdigkeit" in westlichen Gesellschaften beklagt, weil - entgegen den Interessen der herrschenden Klassen - große Teile der Bevölkerungen im Grunde genommen keinen Bock auf Krieg haben. Nicht nur das, die Abstimmung für das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr wird demnächst stattfinden. Zum einen suggeriert es, eine hochgerüstete Bundeswehr könnte den Konflikt in der Ukraine beenden, zum anderen hat nicht einmal eine gesellschaftliche Debatte - nicht zu verwechseln mit der Propaganda bürgerlicher Medien! - darüber stattgefunden, obwohl 100 Milliarden Sondervermögen zugunsten der Herrschenden, namentlich für das Rüstungs- und Großkapital, 100 Milliarden Euro Sonderschulden für die Beherrschten und weitere für künftige Generationen bedeuten. Wir sollten auch nicht vergessen: Es handelt sich um eine Verfassungsänderung, die eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag benötigt und Anfang der Woche per Kuhhandel zwischen Regierung und CDU arrangiert wurde; eine Militarisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Verfassung, mit anderen Worten: Nur mit einer Zweidrittelmehrheit können die 100 Milliarden für Rüstung und Krieg auf Grundlage des Grundgesetzes heute und für die Zukunft wieder rückgängig gemacht werden. Obendrauf fordern angesichts von 7,9 % Inflation Habeck und die Henker des deutschen Imperialismus von den Werktätigen und der arbeitende Klasse, den eigenen Lebensmittelverbrauch zu reduzieren, um der Wirtschaftskrise entgegenzutreten. Solche Forderungen, verhüllt in ausbeutungspolitischer Diplomatie, sind Ausdruck von blankem Klassenhass gegen Arme und Arbeitende. Es gibt viele Gründe für den Widerstand gegen eine Politik, die Frieden sagt und Krieg treibt, überhaupt seit dem 24. Februar die Masken fallen gelassen hat und dabei geschickt ein permanentes Quidproquo zwischen Krieg und Frieden vollzieht, im Zweifel rassistische Feindbilder konstruiert und nährt, bis auch in den letzten Köpfen der Krieg in der Ukraine zu einem Krieg zwischen Gut und Böse wird. Lügen! Ich möchte eigentlich nur eines loswerden: Schließt euch in den kommenden Tagen und Wochen in eurem Viertel, auf euren Straßen, in euren Stadtteilen, am Arbeitsplatz, in Schulen, in Universitäten den friedensliebenden, antimilitaristischen und antiimperialistischen Kräften, Protesten, Demonstrationen, Appellen an, verbündet euch, klärt auf, unmittelbar in eurer Umgebung und darüber hinaus, und stellt euch gegen einen Krieg, bei dem die ukrainische Bevölkerung, die russische, die deutsche und viele mehr - wir! - auf ganzer Linie schon jetzt verlieren und in Zukunft nur verlieren können. Tretet ein für den Frieden.

8. Mai 1945.

Dieses Jahr ist der 8. Mai von besonderen Widersprüchen gekennzeichnet. Noch immer in der Bundesrepublik Deutschland nicht zum gesetzlichen Feiertag erklärt, endete am 8. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg durch den Sieg über den Hitlerfaschismus. Seither steht der 8. Mai für Hoffnung, Aufbruch und Völkerfrieden – Dank den Befreiern von der faschistischen Barbarei, allen voran den Frauen und Männern der multinationalen Roten Armee und der Sowjetunion, der mit 27 Millionen Opfern ein unfassbares Leid zugefügt wurde. Feiern fällt schwer, doch diesen weltgeschichtlichen Moment hochhalten, ist heute notwendiger denn je.
Denn gleichzeitig tobt ein Krieg in der Ukraine, entfesselt vom Angriff durch Moskau, verursacht über knapp ein Jahrzehnt durch imperialistische Auseinandersetzungen und Aggressionen insbesondere auch durch den NATO-geführten Westen und der USA. Gerade heute ist der 8. Mai ein Augenblick der Wahrheit. Wie an keinem anderen Tag wird der Geschichtsrevisionismus von Kriegstreibern sichtbar. Während die Geschichte an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert, hat die Bundesregierung dieser Tage die Entsendung von Panzerhaubitzen mit Munition und Ausbildungspersonal beschlossen. Faktisch ist die Bundesrepublik Kriegspartei. Tage wie diese zeigen, dass ein Krieg immer auch ein Kampf um die Geschichte ist.
Unterdessen hat in Berlin die Polizei das öffentliche Zeigen der roten Fahne mit Sichel und Hammer in ausgewiesenen Arealen für den 8. und 9. Mai verboten, weil es als „Kriegsverherrlichung“ gelte, so als ob der Sozialismus für diesen Krieg stehe – und nicht für das Gegenteil desselben. Seit einigen Wochen vermehren sich Angriffe auf sowjetische Ehrenmale, ob mit Forderungen nach Abriss und Umbau auch von Konservativen oder mit systematischen Schändungen am Treptower Park mit u.a. Hakenkreuzen, dem Begräbnisort für etwa 7.000 Rotarmisten, unter ihnen auch Ukrainer, Soldaten aus 15 Nationen und den Völkern der UdSSR, die im Kampf gegen die Nazis in Berlin gestorben sind. In der Ukraine ist die Zerstörung sowjetischer Denkmäler schon seit April 2015 von Staats wegen gemäß der sog. „Entkommunisierung“ eingeleitet worden.
Im Schatten der Blau-Gelben-Schwärmerei und der unkritischen Haltung zu Asow-Bataillonen in den Medien verbreitet sich im rasanten Tempo hierzulande Russophobie, Kriegsbegeisterung und Rassismus. Auf der einen Seite träumt die grüne Außenministerin davon, Russland zu „ruinieren“, auf der anderen Seite können zwielichtige Akteure und Bandera-Verehrer wie der ukrainischen Botschafter in Berlin Andrij Melnyk ohne Widerworte diesen Hass mit der Propaganda eines profaschistischen Nationalismus befeuern.
All das sind nur die Vorläufer des noch zu beschließenden 100 Milliardenpakets mit Grundgesetzänderung für die Hochrüstung und Mobilmachung der Bundeswehr, womit suggeriert wird, damit ließe sich der imperialistische Konflikt lösen. Und die Herrschaftsclique im Kreml tritt den heutigen Tag mit Füßen, wenn sie den Angriff auf die Ukraine mit einer „Entnazifizierung“ rechtfertigt. Besonders heute müssen die arbeitenden und unterdrückten Klassen sowie fortschrittliche, friedensliebende Intellektuelle in Wissenschaft, Kunst und Politik all diesen Lügen entgegentreten. Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Schließlich ist heute auch Muttertag. Meine Gedanken sind bei den ukrainischen und russischen Müttern, die ihre Söhne im Krieg verlieren, aber auch bei jenen Müttern aus den unteren Klassen in Deutschland. Denn der zunehmende Militarismus wird auch ihnen früher oder später die Söhne und Töchter aus den Händen reißen wollen, um sie an der Front für die geopolitischen und ökonomischen Interessen der herrschenden Klasse zu verheizen. Die da den Krieg wollen und von ihm profitieren, sind das Groß- und Finanzkapital, die Konzerne, die Rüstungsindustrie, die Oligarchen, die Bosse, ihre politischen Ausschüsse in den Parlamenten und Regierungen diesseits und jenseits der Dnepr.

 

Heute enden die Corona-Regeln.

Heute enden die meisten bundesweiten Coronaregeln – zum Trotz der Sachkenntnis der Wissenschaft. Dabei war der Anstieg der Todesfälle in Deutschland laut Statistischem Bundesamt von 2019 bis 2021 doppelt bis viermal so hoch als es aufgrund der immer älteren Bevölkerung erwartbar gewesen wäre. Das Gesundheits- und Pflegepersonal, während der letzten zwei Jahre völlig im Stich gelassen, ist ausgebrannt. In den Medien spielte der Schutz der Risikogruppen, der Schwachen wie Alten, über die letzten vierundzwanzig Monaten gar keine Rolle mehr. Vielmehr zeigte sich zuletzt eine Verschiebung des Diskurses hin zur Feierlaune mit Egal-Attitüde. Den Irren, die einen „Freedom Day“ inszenieren wollen, wurde mehr und mehr Raum gegeben. Die weiterhin vielen Toten wurden vergessen und Menschen mit Langzeitfolgen der Erkrankung (wer weiß, wie viele statistisch gar nicht erst erfasst sind) wurden und werden sich selbst überlassen – es gibt keine speziellen Rehabilitationszentren, keine Einstufung als Berufsunfall. Auch die Schulen sind längst nicht mit Luftfilteranlagen ausgerüstet und für Studenten gibt es auch keinerlei Erleichterung und Entlastung trotz der enormen Stresssituation in den letzten zwei Jahren. Viele sind daran zerbrochen. Und der Schutz der Arbeitenden vor der Seuche wird der Gefährdungsbeurteilung der Unternehmer überlassen, obwohl die letzten zwei Jahre die ausbeuterischen Grundstrukturen vor den Augen aller sichtbar gemacht haben, wonach das Kapital ausschließlich an sich selbst und nicht an der Gesundheit der Beschäftigten interessiert ist. Von Anfang an habe ich die Maßnahmen kritisiert, denn sie waren weder sozial noch effektiv und immer zulasten der unterdrückten und arbeitenden Klassen, und immer zugunsten von Industrie, Pharma-Business, Finanzkapital, globaler Norden, sich bereichernder korrupter Politik und Wissenschaftsfeindlichkeit. Immerhin gab es jedoch ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Seuchenbekämpfung. Dieses Bewusstsein soll nun offiziell mit dem Beschluss der Ampelregierung liquidiert werden. Neoliberale Ignoranz, tödliche Gleichgültigkeit und eine sozialdarwinistische Haltung werden durch die politischen Cliquen verbreitet, ganz im Interesse der Besitzenden und der herrschenden Klasse. Die Durchseuchung, in zum Beispiel Dänemark und England gescheitert, ersetzt Pandemiebekämpfung. Die Maßnahmen enden, die Pandemie ist noch lange nicht am Ende, erst recht nicht die sozialen und gesundheitlichen Folgen aufgrund des totalen Versagens von Staat und Wirtschaft.
 

 

Frieden?

Zu denken, die Heizung runterzudrehen oder das Auto nicht für den Arbeitsweg zu nutzen, seien derzeit solidarische Beiträge für die ukrainische Bevölkerung, ist die moralische Fortsetzung der Logik, Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet und die weitere Aufrüstung der Bundeswehr brächten Frieden. Mit konsequenter Antikriegshaltung hat das nichts zu tun. Vor dem Hintergrund der auf die Bevölkerung abgewälzten Kosten der Pandemie und der schon seit letztem Jahr steigenden Energiepreise spricht aus dieser Logik eine arrogante Herabwürdigung der berechtigten Klage aller Arbeitenden und Armen, nicht weiter von den Lebensexistenzkosten erdrückt und zerdrückt zu werden. Ich kann diesen moralischen Brei der Gefühle von Bürgerlichen, Gutweggekommenen, Selbstgerechten, Mitläufern, Erben, Mainstream-Journalisten, Sittenpredigern der Ampelregierung, Wachhunden der Geldsäcke und Studenten, die von Mama und Papa leben und nach dem Abschluss Mamas und Papas Unternehmen übernehmen werden, nicht mehr hören. Eure Propaganda, mit der ihr Ausgebeutete für die Begeisterung an einer imperialistischen Auseinandersetzung moralisch umzingeln wollt, damit sie sich aus Scham einreihen oder gar an der Front für die Klasseninteressen der Herrschenden verheizen lassen, widert mich an. Aus solchen Forderungen tönt der Hass auf die Armut, während der Reichtum der Reichen sich durch das beste aller Geschäfte im Kapitalismus - Krieg - unversehrt vermehrt.

Wohin?

Wohin
Ein Tag an dem Wörter
Ihre Bedeutung verlieren
In den Nachrichten Bilder
Hunderttausende auf der Flucht
Schauplatz die Ukraine
Ich sitze im Zug nach Stuttgart
Zu alten Freunden vertrauten Orten
Im Abteil ein Mann aus Syrien
In meinem Alter und neben ihm
Der Vater mit silbernem Haar
Traurigen Wangen gebrochenem Blick
Nach fünf Jahren sagt sein Sohn
Wird er seinen Onkel seine Tante
Seine Cousinen wiedersehen
Der Rest eingedeckt im Staub der Levante
Sein verstörtes Lächeln kehrt sich um
In ein glückbereitendes als sie sich
Am Hauptbahnhof umarmen
Während die Wörter fehlen
Die eine Umarmung ersetzen könnten
Als ich die alten Freunde umarme
Denke ich an den Vater
Aus Syrien und sehe ein Plakat an der Wand
Krieg dem Krieg
Wider dem Imperialismus

 

Preisexplosionen und Energieknappheit!

Die Bundesregierung und die Kapitalverbände schwören die Bevölkerung auf spürbare Preisexplosionen und Energieknappheit ein. Auch von der Drosselung des Warmwassers und der Heizung ist die Rede, einschließlich dem Verzicht auf gewerkschaftliche Kämpfe für Lohnerhöhungen gegen eine Einmalzahlung durch den Gesetzgeber, womit dann auch das Streikrecht einschneidend betroffen wäre. Letzteres, die „konzertierte Aktion“ (Scholz), offenbart die Neue Burgfriedenpolitik der Sozialdemokraten. Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) hatte die vergangenen Monate die Köpfe mit der neoliberalen Verzichtsdebatte massiert. Wer soll diese Kosten, diese soziale Gewalt auf sich nehmen? Die Wiederaufnahme von Nord Stream 2, was auch eine diplomatische Offensive zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine bedeuten könnte, ist tot, aus ideologischen aber auch aus imperialistischen Gründen. Das Megavermögen der Reichen und Milliardärs-Familien, die während der Pandemie teilweise ihr Vermögen milliardenfach gesteigert haben, wird gemäß Staatsräson der Bundesrepublik nicht angetastet werden. Weitere Schuldenaufnahme durch den Staat ist ausgeschlossen, hat doch Finanzministern Lindner (FDP) die Rückkehr der Schuldenbremse für 2023 in die Wege geleitet und Bundeskanzler Scholz (SPD) bekräftigt, dass der Staat auf Dauer die „niedrigen“ Preise nicht subventionieren könne. In dieser aufgrund kapitalistischer Gesetzmäßigkeiten system- und klassengetriebenen Bedrängnis bleiben nur noch die arbeitenden und subalternen Klassen übrig, auf die die Kosten abgewälzt werden, im Übrigen auch die der Hochrüstung der Bundeswehr durch 100 Milliarden Euro Sonderschulden. Krieg macht eine Bevölkerung ärmer - und die herrschende Klasse reicher. Nachdem der Staat im Zuge der Pandemie den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zugunsten der Kapitalinteressen aufgegeben hat, ja musste, inzwischen die Strategie der Untätigkeit und Durchseuchung verfolgt, zeichnet sich mehr und mehr ab, dass der Staat und die von ihm ausgehende Klassenherrschaft – selbst nach Theorien des Liberalismus – seine eigenen Legitimationsgründe unterhöhlt: die Grundversorgung und Daseinsvorsorge.

Armut.

Vor wenigen Tagen wurde Der Paritätische-Armutsbericht veröffentlicht. Der erschütternde Befund: Mit 16,4 Prozent - das sind 13,8 Millionen Menschen - hat die Armut im vergangenen Jahr einen bisherigen Höchststand in der Bundesrepublik erreicht, 600.000 mehr als vor der Coronapandemie. Insbesondere traf es Erwerbstätige, doch vor allem zeigen sich bei der Kinder- und Altersarmut traurige Rekorde: 17,9 Prozent der Rentner und 20,8 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind arm. Das ist brutal. Zur Erinnerung: Während der Pandemie, als die Profitlogik gnadenlos gegen Gesundheitsschutz und Gemeinwesen durchgesetzt wurde, haben Groß- und Industriekapital enorme Gewinne eingestrichen, von Daimler über Siemens bis BASF. Armut bedeutet, jenseits von zu Zahlen abstrahierten Statistiken, die reale Zerstörung von Zukunftsentwürfen und Lebenszusammenhängen, die Reduzierung des Daseins auf den mangelerleidenden Körper, radikale Einsamkeit der Seele, politische Entmündigung, permanente Gesundheitsschädigung durch eine Volkswirtschaft, die die viertgrößte der Welt ist. Sie bedeutet, von Handlungsmöglichkeiten strukturell beraubt zu werden. Konkret heißt das, von Bildung, Wissen, Gesundheit, Ressourcen, Mobilität, Kunst, gesellschaftlichem Leben ausgeschlossen und der deprimierenden Armutsverwaltung der Behörden ausgeliefert zu sein - der Siegeszug sozialer Scham in den unteren Klassen zugunsten der Dekadenz der Bürgerlichen und Geldsäcken. Währenddessen liest du, dass der Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) seit dem 24. Februar 2022 das 100 Milliarden Euro Hochrüstungsprogramm mit der Predigt vom individuellen Verzicht auf Dauerschleife flankiert, etwa den Verbrauch von Lebensmitteln zu reduzieren, die Heizkörper herunterzudrehen oder die Duschzeit zu verkürzen, um die Energiekrise, die Lieferengpässe und die Inflation einzudämmen. Gleichzeitig erpresst Präsident Russwurm vom BDI - Bundesverband der Deutschen Industrie mit fadenscheinigen Argumenten die Arbeitenden, Werktätigen, Armen und Jugendlichen, zwischen 42-Stunden-Woche oder erhöhtem Rentenbeitrittsalter zu wählen und findet Zustimmung beim Bundesfinanzminister Lindner (FDP). Und nicht zuletzt wird die Dreistigkeit systematisch von den kommerziellen Medien so oft wiederholt, bis sich eine neoliberale Verzichts- und Fleißdebatte etabliert, sodass die Armut, die Scham, die Ausplünderung, die soziale Gewalt wieder vergessen werden. Die Verzichtsdebatte nützt niemandem außer den Reichen und Besitzenden. Auch das ist Teil des schleichenden Militarismus und der "Natoisierung Europas", wie es US-Präsident Biden in Madrid auf dem Nato-Gipfel verkündet hat.

Alle Russen sind gerade unsere Feinde?

Noch vor wenigen Tagen sagte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk in der FAZ: „Alle Russen sind gerade unsere Feinde“, alle. Derselbe, der über Twitter Nazi-Kollaborateur und Faschist Stepan Bandera als „Helden“ verehrt. Ein Tag danach wurde in der Nacht das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park mit Schmierereien wie „Death to all Russians“ oder „Russians = Rapists“ geschändet, alles ausschließlich in englischer Sprache, und an mehrere Stellen wurden auch Hakenkreuze gesprüht. Als Diplomat genießt Melnyk nicht nur Immunität vor dem Gesetz, sondern hat aktuell auch einen Freifahrtschein für die Verbreitung von Dummheit und Hetze. Ich will keine Kausalität zwischen Wort und Tat behaupten, dass aber eine geistige Verwandtschaft zwischen beidem vorliegt, ist kaum von der Hand zu weisen. Das sind weitere Anhaltspunkte, dass die Atmosphäre inzwischen geprägt ist durch kriegstreiberische Glaubensätze von „Frieren für die Freiheit“ (Joachim Gauck) bis zur Forderung nach einer NATO-Flugverbotszone und Waffenlieferungen auf „Friedens-Demos“, dem Geschwätz vom „heldenhaften Kampf“ in kommerziellen Zeitungen und der sorglosen Wiedergabe des faschistischen Grußes „Ehre der Ukraine“ selbst in kulturellen Einrichtungen. Der Gruß, nebenbei gesagt, geht auf die „Organisation ukrainischer Nationalisten“ (OUN) zurück, die im Zweiten Weltkrieg SS-Freiwilligenbataillone stellte und Juden, Polen, Roma und Sinti, Russen und Angehörige der Roten Armee verfolgte und ermordete. Die Dummheit des Nationalismus besteht darin, grundlegende Unterscheidungen zwischen der Bevölkerung und der politischen Führung, zwischen Nationalität und Staat, zwischen den sozialen Klassen und der Staatsräson der Bürgerlichen, zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern zu verwischen, um die Welt in „alle Russen“, „alle Ukrainern“, „alle Deutschen“ usw. zu teilen. Wer solche Unterscheidungen nicht vornimmt, plappert den ukrainischen, russischen, deutschen usw. dummen Nationalismus nach. Mit Frieden, Brot, Ächtung von Gräueltaten und Anti-Kriegshaltung hat das nichts zu tun. In der Pressemitteilung hat die Vorsitzende der VVN-BdA, Cornelia Kerth, ganz richtig aus Anlass der Schmierereien im Treptower Park klargestellt: „Den aktuellen Krieg und die Gräueltaten gegen die ukrainische Zivilbevölkerung verurteilen wir aufs Schärfste und fordern seit dessen Beginn den Rückzug russischer Truppen aus dem ukrainischen Staatsgebiet. Für diesen Krieg sind aber nicht die sowjetischen Soldat*innen verantwortlich, welche gegen den deutschen Faschismus gekämpft und ihn, zusammen mit den anderen alliierten Mächten, besiegt haben.“ Egal wo und wer, die Dummheit des Nationalismus ist in Wahrheit Weichensteller für nationale Kaptalinteressen – insbesondere im Kontext eines imperialistischen Konflikts. Auf Schritt und Tritt folgt der ideologischen Mobilmachung auch hierzulande eine Hochrüstung von Bundeswehr und Militärapparat – wenn möglich per Grundgesetz. Ein Gesetzesentwurf ist schon auf dem Weg, was suggerieren soll, dass eine hochgerüstete Bundeswehr den Krieg beenden könnte. Das ist die Spitze nationalistischer Dummheit. Wenn die Dummheit des Nationalismus sich in diesem rasanten Tempo weiter verbreitet, werden sich die widerlichen und geschichtsrevisionistischen Schändungen nicht nur am Treptower Park und weiteren Orten wiederholen. Dann werden noch mehr junge Menschen aus den unteren Klassen an der Front für die Klasseninteressen der Herrschenden verheizt. Nichts ist daran heldenhaft. Nicht alle Russen sind Feinde, vielmehr hat jede Bevölkerung ihre Feinde, die gerade den Blutzoll zugunsten ihrer ökonomischen und geostrategischen Interessen ins Vielfache erhöhen, daheim.

Crack.

Das Leben kehrt zurück
Im freien Fall scheint Sonne
Über Dächer und Asphalt
Überflutet die Stadt
Küsst nacktes Geäst
Und die kleinen Vögel
Meisen Spatzen Buntspechte
Dichten vermisste Lieder
Die niemand versteht
Ich sitze in der Metro
Richtung Osten
Dort wohin die Armut gesperrt wird
Die Fenster gefleckt vom Regen
Eine Mutter im Gefecht
Mit ihren Kindern
Und vor mir sitzt ein Mann
Eingekrustete Augen
Aufgedunsene Finger
Er setzt das Sturmfeuerzeug
An den gestopften Kopf seiner Pfeife
Und raucht Crack
Das Leben war nie weg
Vielleicht die kleinen Vögel
Schönheit
Du bist hässlich